La Irlandesa 1943: Marke irreführend und bösgläubig angemeldet?
Lässt die Streitmarke ‚La Irlandesa 1943‘ an Irland denken? Nicht nur diese Frage, sondern auch eine nach Jahrzehnten beendete Geschäftsbeziehung mit einem irischen Unternehmen stand im Fokus eines Markenverfahrens vor dem EuG - denn die Streitmarke wurde erst nach Ende der Geschäftsbeziehung als Unionsbildmarke angemeldet.
Der Sachverhalt
Die Klägerin, die Hijos de Moisés Rodríguez González, SA (Spanien) kaufte jahrzehntelang irische Butter von der Ornua Co-operative Ltd (Irland) und verkaufte sie auf den Kanarischen Inseln (Spanien) unter Marken mit dem Bestandteil ‚ela irlandesa‘.
Nachdem diese Geschäftsbeziehung 2011 beendet worden war, verkaufte die Klägerin weiterhin Waren unter diesen Marken und meldete schließlich 2013 beim EUIPO die Eintragung der EU-Bildmarke La Irlandesa 1943 für verschiedene Lebensmittel an. Nach Veröffentlichung dieser Unionsmarke klagte Ornua Co-operative Ltd gegen diese Markeneintragung, u. a. mit dem Vorwurf der Irreführung der Verbraucher.
Im Dezember 2017 verwies das Präsidium der Beschwerdekammern die Sache an die Große Beschwerdekammer des EUIPO. Diese stellte im März 2020 fest, dass die Streitmarke ‚La Irlandesa 1943 irreführend sei und auch bösgläubig angemeldet wurde (2. März 2020 (Case R 1499/2016-G)).
Die spanische Markenanmelderin klagte gegen diese Entscheidung vor dem Europäischen Gericht (EuG).Die Klägerin machte geltend, die Streitmarke sei zu Unrecht für nichtig erklärt worden als irreführend und als bösgläubig angemeldet.
Dazu stellte das EuG zunächst fest, dass beide Aspekte durch das Gericht überprüft werden müssen. Dies könne jedoch nur dann zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen, wenn sich beide Pfeiler der angefochtenen Entscheidung als rechtswidrig herausstellten. Wie also entschied der EuG: ist die Marke La Irlandesa 1943: Marke irreführend und auch bösgläubig?
Marke La Irlandesa 1943 – irreführend?
Das EuG erklärte, die Große Beschwerdekammer habe zurecht festgestellt, dass die Streitmarke an Irland denken lässt, dafür sprächen sowohl der dominierenden Wortbestandteil "la irlandesa" als auch das typische Grün. Spanischsprachige Verbraucher würden einen unmittelbaren Zusammenhang herstellen zur (vermeintlichen) geografischen Herkunft herstellen, in diesem Fall Irland. Die Klägerin könne auch keine durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft der Streitmarke geltend machen, denn durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft ist nicht auf Marken anwendbar, die als irreführend angesehen werden.
Der Klage gegen die Nichtigerklärung der Streitmarke wurde aber dennoch stattgegeben vom EuG. Denn die Prüfung eines Antrags auf Nichtigerklärung, der sich auf den irreführenden Charakter der Marke stützt, muss sich auf Beweise stützen, die für den Tag der Anmeldung der streitigen Marke maßgeblich sind, im vorliegenden Fall war das der 6. August 2013. Das ist anders in einem Verfallsverfahren gegen eine Marke, in dem die Benutzung dieser Marke berücksichtigt wird.
Hier aber handelte es sich um ein Nichtigkeitsverfahren. Die Große Kammer hätte daher prüfen müssen, ob am Anmeldetag ein Widerspruch zwischen den Informationen, die die angegriffene Marke vermittelt, und den Merkmalen der in der Anmeldung bezeichneten Waren bestand. Da aber das Warenverzeichnis keinen Hinweis auf die geografische Herkunft der Waren enthielt und somit auch aus Irland stammende Waren umfassen konnte, bestand ein solcher Widerspruch zum Zeitpunkt der Anmeldung nicht, stellte das EuG fest. Daher habe nicht festgestellt werden können, dass die angefochtene Marke zu diesem Zeitpunkt irreführend war.
Daher gab das EuG dem ersten Klagegrund statt. In der angefochtenen Entscheidung sei zu Unrecht eine Irreführung festgestellt worden.
Marke La Irlandesa 1943 - Bösgläubig? Ja!
Für die Entscheidung der Bösgläubigkeit hatte sich die Große Kammer ebenfalls auf Beweise jenseits des Anmeldetags gestützt - sogar auf die Benutzung dieser Marke. Dies sei zurecht geschehen, erklärte das EuG.
Da die Marken, die den Bestandteil "la irlandesa" enthalten - wie die angefochtene Marke - an die Geschäftsbeziehung zu dem irischen Unternehmen geknüpft waren, ist das Ende dieser Geschäftsbeziehung ein relevanter Faktor für die Beurteilung der Absicht der Klägerin bei der Anmeldung der angefochtenen Marke, entschied das EuG. Die Klägerin benutzte die streitige Marke nach dem Ende dieser Beziehung weiterhin für Waren, die nicht aus Irland stammten, während die irische Herkunft der Waren ein wesentlicher Aspekt dieser Beziehung und der ursprünglichen Benutzung der Marke war.
Ein nicht unerheblicher Teil der von der Klägerin unter der angegriffenen Marke verkauften Waren waren jedoch nicht irischer Herkunft und entsprach daher nicht der Wahrnehmung dieser Waren durch die (spanischen) Verbraucher. Dieser Umstand ist zwar unerheblich für die Prüfung der Frage, ob die Marke irreführend ist, nicht aber für die Prüfung der Bösgläubigkeit.
Die Große Kammer konnte sich zudem auf vorgelegte Beweise stützen, die es insbesondere ermöglichten, eine Chronologie der Ereignisse zu erstellen, die für die Anmeldung der angefochtenen Marke kennzeichnend waren. Die Klägerin legte weder eine legitime kommerzielle Logik zur Erklärung der Anmeldung der angefochtenen Marke noch zu der wirtschaftlichen Logik ihrer Verwendung nach dem Ende der Geschäftsbeziehung mit der Streithelferin im Jahr 2011 dar.
Zudem hatte die Große Beschwerdekammer Bezug genommen auf andere ähnliche Fälle, u. a. auf eine Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung des EUIPO vom 25. September 2002, in der eine Marke für nichtig erklärt worden war, die den Bestandteil "la irlandesa" enthielt – mit Verweis auf die Assoziation mit Irland. Zwar können Entscheidungen des EUIPO den Europäischen Gerichtshof nicht binden, aber sie können doch einen Hinweis geben auf eine unberechtigte Markenanmeldung.
So war es auch hier. Dass die Benutzung der angefochtenen Marke wegen ihres potenziell irreführenden Charakters in Bezug auf Irland umstritten war, sei eine Tatsache, entschied das EuG, die der Klägerin am Tag der Anmeldung dieser Marke notwendigerweise bekannt war.
Das EuG bestätigte, die Streitmarke sei bösgläubig angemeldet worden. Und weil diese Feststellung geeignet ist, allein die Entscheidung der Großen Kammer zu rechtfertigen, wurde die Klage der spanischen Markenanmelderin vollständig abgewiesen (29. Juni 2022, T:2022:404).
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