Champagner - geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.): vor EuGH, BGH und OLG
Champagner ist nicht nur weltweit bekannt. Er steht auch als g.U. Champagne unter dem besonderen Schutz als geschützte Ursprungsbezeichnung. Wir fassen zusammen, wie dieser Schutzanspruch rechtlich ausgelegt wurde von dem EuGH im Fall Champagne gegen Champanillo sowie in dem Fall Champagne gegen das „Champagner Sorbet“ von Aldi Süd; letzterer Fall wurde vor dem EuGH, dem BGH und dem OLG München entschieden.
In beiden Fällen lautete der Vorwurf der Vereinigung der französischen Champagner Produzenten, die Gegenseite nutze das Ansehens der g.U. Champagne widerrechtlich aus, es liege ein Verstoß gegen Art. 13 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 510/2006 und Art. 103 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1308/2013 vor. Demnach ist jede direkte oder indirekte Verwendung eines eingetragenen Namens zu verbieten, durch die das Ansehen einer durch Eintragung geschützten Ursprungsbezeichnung oder geografischen Angabe ausgenutzt wird.
Champagne gegen Champanillo
Im Fall Champagner Produzenten gegen Champanillo (Urteil vom 9.09.2021, EU:C:2021:713) wurde von dem EuGH ein wichtiger Aspekt dazu entschieden. Der Schutz einer g. U. gegen widerrechtliche Nachahmung ist nicht nur auf Produkte und Erzeugnisse, sondern auch auf Dienstleistungen auszudehnen, entschied der EuGH, auch auf solche, die unter einer geschäftlichen Bezeichnung angeboten werden. Art. 103 GMO-VO schützt somit gegen jede Verwendung, die den guten Ruf der g.U. / g.g.A. ausnutzt.
Als Entscheidend für den Tatbestand einer solchen Ausnutzung sieht der EuGH die Frage, ob der Verbraucher durch einen streitigen Namen veranlasst wird, einen unmittelbaren gedanklichen Bezug zu der von der g.U. erfassten Ware herzustellen, ob er den streitigen Begriff als Anspielung auf die g.U. auffasst. Das sei durch das nationale Gericht zu prüfen, entschied der EuGH.
Bei der Schutzregelung gegen die Anspielung auf eine g.U. handelt es sich um eine objektive Schutzregelung, erläuterte der Europäische Gerichtshof. Und für deren Anwendung ist weder ein Nachweis von Absicht noch von Verschulden erforderlich. Dabei handelt es sich zudem um einen eigenständigen Schutz, der unabhängig von den Bestimmungen des nationalen Rechts über den unlauteren Wettbewerb gilt.
Champagne gegen Champagner Sorbet
Schon zuvor, in 2017, hatte der EuGH über die Ausnutzung des guten Rufs vom Champagner in Bezug auf Champagner Anteile in einem Lebensmittel zu entscheiden (Urteil vom 20.12.2017, EU:C:2017:991). Lag eine widerrechtliche Ausnutzung vor in dem sogenannten „Champagner Sorbet“ von Aldi Süd? Laut Produktangaben enthielt es 12 Prozent Champagner – das aber entsprach nicht der Produktspezifikation der g.U. Champagne.
In diesem Verfahren wurde auf die frühere Entscheidung EU:C:2011:484 hingewiesen, demnach eine geografische Angabe für Spirituosen, die nicht den jeweiligen Spezifikationen entsprechen, grundsätzlich eine direkte gewerbliche Verwendung der g.U./g.g.A. darstellt.
Der EuGH sah jedoch In Bezug auf das Champagner Sorbet Eis von Aldi Süd als entscheidend an, ob dem streitigen Sorbet genug Champagner zugefügt war, um dem Eis eine – so wörtlich – „wesentliche Eigenschaft“ zu verleihen. In Anbetracht der Heterogenität der möglicherweise auftretenden Fälle könne für diese Frage kein einheitlich geltender Mindestanteil festgelegt werden, entschied der EuGH, entscheidend seien Aroma und Geschmack. Und ob eine widerrechtliche Aneignung der g.U. Champagne vorliege im Champagner Sorbet Eis, sei von den nationalen Gerichten zu prüfen.
Und so geschah es auch. Der BGH entschied in diesem Fall in 2018, ein Champagner Sorbet muss nicht nur nach Champagner schmecken, der Champagner muss vielmehr– in Anlehnung an die EuGH Entscheidung - die geschmacksbestimmende Eigenschaft sein (Champagner Sorbet II, GRUR 2019, Urt. v. 19.07.2018, Az. I ZR 268/14). Ob dies zutraf, hatte das OLG München letztlich zu entscheiden; in einem ersten Schritt sei laut BGH der Geschmack zu ermitteln und in einem zweiten Schritt dessen Ursache. Dies kann auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens erfordern.
OLG München: Champagner-Sorbet verletzt g.U. Champagne
Und das OLG München stellte nach alledem 2021 fest, dass eine solche Ausnutzung des Rufs auch dann vorliege, wenn das entsprechend gekennzeichnete und betroffene Produkt zwar die Angabe enthält, nicht aber für das Produkt selber wesentlich ist, wie bspw. bei Lebensmitteln, die die geschützte Bezeichnung aufweist, im Geschmack aber gar nicht oder nicht wesentlich hervortritt.
Die Berufung der Streithelferin Aldi Süd gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 18.03.2014, Az.: 33 O 13181/13, wurde vom OLG München zurückgewiesen: „Champagner-Sorbet" verletzt die g.U. Champagne.
Vergeblich berief sich Aldi Süd auf die Rechtsprechung des EuGH, GRUR 2019, 73 - Levola/Smilde, mit dem der EuGH Urheberrechtsschutz für Lebensmittelgeschmack mangels Werkcharakters abgelehnt hatte. Einer Beweisaufnahme über den Geschmack des Sorbets u. a. auch durch singulären Zeugenbeweis stehe diese Rechtsprechung nicht entgegen, entschied das OLG München. Der Verwender (hier: Aldi Süd) einer geschützten Ursprungsbezeichnung (hier: g.U. Champagne) könne sich gegenüber dem beweisbelasteten Schutzrechtsinhaber nicht schlicht auf die Subjektivität des Geschmacks berufen und damit den Beweis durch einen Zeugen von vorneherein ausschließen. Das OLG München ergänzte, eine Beweisführung über den Geschmack eines Lebensmittels setze nicht zwingend einen Augenschein durch Verkostung oder eine anderweitige aktuelle Überprüfung des Produkts voraus.
Fazit: wenn man eine (geschützte) Produktbezeichnung verwenden möchte, sollte man vorab sich über die rechtlichen Zusammenhänge informieren.
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